Maik Ullmann: „Vor der Erinnerung. Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme und ihre Nachgeschichten (1945–1992)”

Das Außenlagersystem des Konzentrationslagers Neuengamme ist bereits vielfach und umfassend untersucht worden. Doch was geschah an den „Orten des Terrors“ in der unmittelbaren Nachkriegszeit und den folgenden Jahrzehnten, ehe an zahlreichen historischen Orten Gedenkstätten eingerichtet wurden? Maik Ullmann geht in seinem Vortrag der Frage nach, wie das Erinnern an den NS-Unrechtsorten der KZ-Außenlager möglich wurde. Lange Zeit wurden diese ebenso pragmatisch wie geschichtsvergessen umgenutzt und baulich überformt, waren aber auch Gegenstand von Gerichtsprozessen und fanden sich auf der vergangenheitspolitischen Agenda beider deutscher Staaten wieder. Die Lagerorte waren zu keiner Zeit wirklich vergessen. Auch die Erinnerungen der Überlebenden sind Teil einer Konflikt- und Entwicklungsgeschichte über die Aneignung und Deutung der Vergangenheit, die eng mit den erinnerungspolitischen Auseinandersetzungen inmitten des Ost-West-Konfliktes verwoben ist.



Im Jahr 2005 wurde in der Gedenkstätte Schillstraße die Ausstellung „Lehrer gegen Hitler. Braunschweiger Reformpädagogen: entlassen – verfolgt – zurückgekehrt“ gezeigt, die vom Arbeitskreis Andere Geschichte in Kooperation mit dem GEW Kreis- und Bezirksverband Braunschweig sowie der Stiftung Leben & Umwelt realisiert wurde. Die Ausstellung erläutert, wie die Nationalsozialisten ab 1930, als die NSDAP im Freistaat Braunschweig bereits an der Regierung beteiligt war, gegen Lehrkräfte vorging, die politisch gegensätzliche Ansichten hatten oder als „rassisch“ ungeeignet für den Schuldienst eingestuft wurden. Anhand ausgewählter Lebensgeschichten veranschaulicht sie auch individuelle Folgen der Entlassungen, welche schwere Lebenskrisen, aber auch Ausgrenzung, Flucht, Verfolgung oder den Tod zur Folge hatten. Nach Kriegsende hatten vormals entlassene Lehrkräfte, die ihren Beruf wieder aufnehmen konnten, einen großen Einfluss auf den Neubeginn des demokratischen Schulwesens in Braunschweig.

Im Frühjahr 2023 startete ein fünfköpfiges Rechercheteam der GEW Braunschweig ein Projektvorhaben, was an die besagte Ausstellung anknüpfen wollte. Die Kassette im Offenen Archiv zur Ausstellung von 2005 wurde aktualisiert und um neue Inhalte ergänzt. Die Ergebnisse führten auch zur Gestaltung von vier neuen Tafeln an der Gedenkmauer. Mit der Pädagogin, Poetin und Widerstandskämpferin Anna-Luise Haaris, steht auf einer Tafel auch ein persönliches Schicksal im Mittelpunkt.

Teilnehmen werden auch zwei Enkelinnen von Anna-Luise Haaris. Der Gewerkschaftschor Klartext gestaltet ein musikalisches Begleitprogramm. 


Sonntag, 10.11.24, 11 Uhr, Treffpunkt: Marktplatz Peine
Führung: Dr. Jens Binner, Kreisheimatbund Peine

Die Ereignisse des Pogroms in Peine am 10. November 1938 lassen sich sehr genau nachvollziehen. Vor allem die Akten des Nachkriegsprozesses um die Ermordung des 17-jährigen Hans Marburger bieten dazu reichlich Material. In ihnen werden die Tatorte und Täter jener Stunden akribisch dokumentiert. Der Rundgang führt zu den zentralen Stationen des Geschehens: die Polizeiwache als Ort der Planung und Organisation, Wohn- und Geschäftshäuser jüdischer Familien, die zerstört und geplündert wurden, Gaststätten und Geschäfte, aus denen alles beobachtet wurde, die Synagoge als Ort des Mordes und der Brandstiftung. Es wird deutlich, dass die Taten im Zentrum der Kleinstadt Peine an einem Donnerstagvormittag und somit vor aller Augen stattfanden. Die Täter waren nicht nur SS-Männer aus Braunschweig, sondern genauso SS-Angehörige aus angesehenen Peiner Familien.

Die ausgebrannte Synagoge in Peine, November 1938